Juli-August-September 2024

Geburtstagsgeschenk 2/2

1. Korinther 2:

10 Uns aber hat Gott dieses Geheimnis durch seinen Geist enthüllt – durch den Geist, der alles erforscht, auch die verborgensten Gedanken Gottes. 11 Nur Gottes Geist ist dazu imstande. Denn genauso, wie die Gedanken eines Menschen nur diesem Menschen selbst bekannt sind – und zwar durch den menschlichen Geist –, genauso kennt auch nur der Geist Gottes die Gedanken Gottes; niemand sonst hat sie je ergründet. 12 Wir aber haben diesen Geist erhalten – den Geist, der von Gott kommt, nicht den Geist der Welt. Darum können wir auch erkennen, was Gott uns in seiner Gnade alles geschenkt hat. 13 Und wenn wir davon reden, tun wir es mit Worten, die nicht menschliche Klugheit, sondern der Geist Gottes uns lehrt; wir erklären das, was Gott uns durch seinen Geist offenbart hat, mit Worten, die Gottes Geist uns eingibt. 14 Ein Mensch, der Gottes Geist nicht hat, lehnt ab, was von Gottes Geist kommt; er hält es für Unsinn und ist nicht in der Lage, es zu verstehen, weil ihm ohne den Geist Gottes das nötige Urteilsvermögen fehlt. 15 Wer hingegen den Geist Gottes hat, ist imstande, über alle diese Dinge angemessen zu urteilen, während er selbst von niemand, der Gottes Geist nicht hat, zutreffend beurteilt werden kann. 16 Es heißt ja in der Schrift: »Wer hat jemals die Gedanken des Herrn ergründet? Wer wäre je imstande, ihn zu belehren?« Wir jedoch haben den Geist Christi bekommen, sodass uns seine Gedanken nicht verborgen sind.

Liebe Leser,

im letzten Gemeindebrief haben wir uns mit dem Geburtstag der Gemeinde beschäftigt (siehe 1. Korinther 2,6-9). An Pfingsten hat die Gemeinde Geburtstag. Und seit dem ersten Pfingstfest sind wir reich beschenkt. Wir schauen uns jetzt diesesGeburtstagsgeschenk näher an.

(Vers 10 lesen) Es ist unglaublich, wie Gott sich hier dem Menschen zeigt. Er gibt uns seinen Geist. – Gottes Geist erforscht die verborgensten Gedanken Gottes. Hier geht es nicht um eine Forschungsreise mit Messinstrumenten, um irgendeine Länge, Breite oder einen Salzgehalt zu erforschen. Dieses Erforschen ist ein Hineinhorchen oder Erspüren vom Wesen Gottes. Das ist kein mathematisches oder wissenschaftliches Beweisen, sondern ein ganzheitliches Wahrnehmen. Dieses Erforschen umfasst das ganze Leben. Das Denken, Fühlen und Handeln. Und Gott schenkt uns zu unserer Wiedergeburt seinen Geist. Er schenkt uns als Gemeinde seinen Geist, der uns zu einer Einheit zusammenfügt. Ich kleiner Mensch unter Milliarden von Menschen darf in das Leben von Gott hineinschauen. Ich darf durch den Geist Gottes ewiges Leben sehen, erspüren und selber jetzt schon leben – unglaublich!!! Danke mein Vater im Himmel – Halleluja!!! Der gleiche Geist, der Gottes tiefste Tiefen ergründet, wohnt in mir. Und er gibt mir Sinn und Leben. Er zeigt mir Gottes Wesen. Er zeigt mir Gottes Willen.

(Vers 11 lesen) Ich bin jetzt knapp 23 Jahre mit meiner Frau Regina verheiratet. Ich kenne sie schon ganz gut. Immer wieder sagen wir in bestimmten Situationen dasselbe, oder wissen, was der andere denkt. Aber auch wenn wir 60 Jahre verheiratet sind, werde ich sie nicht zu 100% kennen. Ich kenne ja noch nicht mal mich selber richtig. Ich wundere mich oft über meine Gefühle. Ich merke, wie manche Gedanken mich verunsichern, nach dem Motto „habe ich das wirklich gedacht?“ Bei Gott ist das anders: SEIN Geist allein kennt SEINE Gedanken! Das ist auch der Grund, warum kein Mensch von sich aus Gott erkennen kann. Wie viele Philosophen und Religionsstifter haben versucht mit Gott in Verbindung zu kommen. Wie viele haben versucht Gott zu erklären. Wie kann ein Mensch Gott erforschen? Wenn ein Mensch noch nicht einmal einen anderen Menschen wirklich verstehen kann, wie sollte er Gott erklären können? Das kann nur Gottes Geist. – Pfingsten. – Der Geburtstag der ersten Gemeinde. 3000 neue Gemeindemitglieder an einem Tag. Und alle erleben Vergebung ihrer Schuld. Alle glauben an die Rettungstat Jesu am Kreuz. Alle glauben an die Auferstehung Jesu. Alle 3000 lassen sich taufen. Und alle bekommen den Heiligen Geist als Geburtstagsgeschenk! – Einfach wunderbar!

(Vers 12 lesen) Aha, der Geist Gottes ist ein Geschenk und er beschenkt! Was hat uns denn Gott in seiner Gnade noch alles geschenkt? Das wichtigste ist die Beziehung zu ihm. Römer 8: 15 Denn ihr habt nicht einen Geist der Knechtschaft empfangen, dass ihr euch abermals fürchten müsstet; sondern ihr habt einen Geist der Kindschaft empfangen, durch den wir rufen: Abba, lieber Vater!

Abba ist ein Begriff aus dem Aramäischen, also der Muttersprache Jesu. Es ist ein liebevoller Ausdruck für Vater. Ich würde Papa sagen. Ich gehöre zur Familie Gottes! Gott ist mein liebevoller Papa. Egal wie gut oder wie schlecht mein irdischer Vater war, Gott ist der liebevollste, herzlichste und beste Papa, den man sich vorstellen kann! Und sein Geist spricht zu uns und durch uns. Wenn wir Gottes Wort durch Gottes Geist verstanden haben, dann können wir seine Worte auch weitergeben.

(Vers 13 lesen) Beim ersten Pfingstfest wurde ein Kreislauf in Bewegung gesetzt. Und zwar: Gottes Wort hören und durch Gottes Geist verstehen führt dazu Gottes Wort weiterzugeben. Kind Gottes sein ist kein Selbstzweck. Beziehung und Gemeinschaft gehören zusammen. Gottes Geist beschenkt uns mit Gottes Liebe. Und Gottes Liebe wird in unserem Leben durch Gottes Geist sichtbar. Bei den Korinthern bestand die Gefahr, aus eigener Kraft und aus eigener Weisheit zu Predigen. Solche Predigten klingen vielleicht schön, aber sind geistlos. Nur Gottes Geist gibt unserem Reden ewigen Wert. Und beim Hören ist es ähnlich:

(Vers 14 lesen) Wir können Gott ohne den Heiligen Geist nicht verstehen. Gott ist viel zu komplex und sprengt alle unsere Vorstellungen. In welchen Dimensionen er lebt und denkt ist für uns völlig unverständlich. Gottes Geist ist unser Vermittler. Er zeigt uns, was wir wissen müssen und was wir tun sollen und was wir sagen sollen. Und das sowohl Gott gegenüber, als auch zwischenmenschlich. Von daher brauch ich mir auch keine Sorgen machen, ob ich in meinem Gebet mich missverständlich ausgedrückt habe, oder ob ich die richtige Anrede benutzt habe, oder ob es gerade ein günstiger Augenblick ist mit Gott zu reden. Der Geist Gottes regelt das alles.

Römer 8 26: Und auch der Geist ´Gottes` tritt mit Flehen und Seufzen für uns ein; er bringt das zum Ausdruck, was wir mit unseren Worten nicht sagen können. Auf diese Weise kommt er uns in unserer Schwachheit zu Hilfe, weil wir ja gar nicht wissen, wie wir beten sollen, um richtig zu beten.

Gottes Geist macht den Unterschied. Beim Reden und beim Hören. Geheimnisenthüllung oder Unsinn.

(Vers 15+16 lesen) Durch Gottes Geist kann ich über mein Leben mit meinen Entscheidungen und meinem Handeln urteilen. Und niemand kann das durch sein Urteil letztlich in Frage stellen. Auch eine menschliche Verurteilung ist für Gottes Beurteilung wirkungslos. So kann Jesus auch dem Verbrecher am Kreuz sagen: „Du wirst mit mir im Paradies sein“, auch wenn die menschliche Justiz ihn gerade zum Tod verurteilt. Weil wir durch seinen Geist Gottes Gedanken kennen, können wir auch nach seinem Willen beten. Das deckt sich mit den Worten Jesu in Johannes 15,16: Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht und Frucht bringt und eure Frucht bleibt, auf dass, worum ihr den Vater bittet in meinem Namen, er’s euch gebe.

In „meinem Namen“ heißt, in seiner Vollmacht oder in seinem Geist. So wie wir es kennen, wenn ein Richter sagt: „Im Namen des Gesetzes ergeht folgendes Urteil.“ Der Richter kann nicht einfach irgendwie entscheiden, wie er gerade lustig ist. Er muss das Gesetz kennen und sich danach richten, dann kann er im Namen des Gesetzes reden. Wenn wir so im Namen Jesu beten, wird Gott uns erhören. Wenn uns also der Geist Gottes etwas aufs Herz legt, dann werden wir Gebetserhörungen erleben. Wir haben heute von der Geburt der Gemeinde gelesen und von dem Geburtstagsgeschenk, dem Heiligen Geist. Ein Glaube, der versucht ohne den Heiligen Geist zu leben wird gesetzlich. Starre Formen und ein totes Miteinander sind die Folge. Aber durch den Heiligen Geist haben wir Anteil an Gottes Größe und erwarten von ihm große Frucht. Wenn das mal kein Grund zur Freude ist?!

Herzlichst grüßt Euch,

Euer Pastor Timon Fuchs

April – Mai – Juni 2024

Lieber Leser!

Manchmal sucht man lange, denkt und grübelt, um einer Sache auf den Grund zu kommen. Oder es braucht viel Weisheit oder Intelligenz, um ein Geheimnis zu lüften. Für manche Geheimnisse sind wir auch einfach zu begrenzt, um sie zu ergründen. Wenn ich an die Größe Gottes denke, wird das für mich immer ein Geheimnis sein. Auch dass Gott über Raum und Zeit steht, werde ich als Mensch nie ganz erfassen können.

Vor knapp 2000 Jahren in der Gemeinde in Korinth gab es Leute, die wollten besonders weise sein. Im ersten Korintherbrief geht Paulus ab Kapitel 1 Vers 18 in drei Abschnitten auf diesen Drang ein (Kapitel 1,18-25; 1,26-31; 2,1-5). Er macht klar, dass es sich nicht lohnt die Weisheit eines schlauen Menschen zu verehren, oder Menschen nachzulaufen. Auch Streit darüber, wer besser predigt, oder mehr Weisheit hat bringt uns Gott nicht näher. Im Gegenteil: Gott hat das Verachtete ausgesucht, damit sich kein Mensch auf seine eigene Weisheit etwas einbildet. Gott allein gehört alle Ehre! In den Versen 4+5 von Kapitel 2 gibt er folgende Erklärung zu seinem Predigtstil: „Was meine Verkündigung kennzeichnete, waren nicht Überredungskunst und kluge Worte; es war das machtvolle Wirken von Gottes Geist. Denn euer Glaube sollte sich nicht auf Menschenweisheit gründen, sondern auf Gottes Kraft.“ Wir werden jetzt über Verse nachdenken, die sich hier anschließen.

1. Korinther Kapitel 2, Verse 6-9:

6 Und doch ist unsere Botschaft eine Botschaft voller Weisheit. Verstanden wird diese Weisheit allerdings nur von denen, die der Glaube an Christus zu geistlich reifen Menschen gemacht hat. Denn sie hat nichts zu tun mit der Weisheit dieser Welt und mit der Klugheit ihrer Herrscher, deren Macht schon bald vergeht. 7 Nein, was wir verkünden, ist Gottes Weisheit. Wir verkünden ein Geheimnis: den Plan, den Gott schon vor der Erschaffung der Welt gefasst hat und nach dem er uns Anteil an seiner Herrlichkeit geben will. Dieser Plan ist bisher verborgen gewesen. 8 Keiner von den Machthabern dieser Welt hat etwas von dem Plan gewusst; keiner von ihnen hat Gottes Weisheit erkannt. Sonst hätten sie den Herrn, dem alle ´Macht und` Herrlichkeit gehört, nicht kreuzigen lassen. 9 Es heißt ja in der Schrift: »Kein Auge hat je gesehen, kein Ohr hat je gehört, und kein Mensch konnte sich jemals auch nur vorstellen, was Gott für die bereithält, die ihn lieben.«

Paulus unterscheidet also zwischen Menschenweisheit und Gottes Weisheit. Die Weisheit der Menschen ist vergänglich. Und sie ist nicht in der Lage die Geheimnisse Gottes offen zu legen. Wie kann ich nun Gottes Weisheit verstehen? – Nur wenn ich glaube, dass Jesus Gottes Sohn ist und ihn in mein Leben aufnehme. Jesus hat das so erklärt: Man muss im Geist neu geboren werden. Dann ist man Kind Gottes.

Johannes 1,12: „Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben“.

Und zu dieser Neugeburt gibt Gott ein Geburtstagsgeschenk.

Das Geburtstagsgeschenk!

Darum soll es in den nächsten Zeilen gehen. Die Jünger Jesu haben das Geschenk 10 Tage nach Himmelfahrt bekommen. Da sind an einem Tag 3000 Menschen Kinder Gottes geworden. Und Gott hat dieser ersten Gemeinde seinen Heiligen Geist gegeben. Jeder Einzelne, der an Jesus geglaubt hat, bekam den Geist Gottes. Damals, an Pfingsten, ist die erste Gemeinde geboren worden. Durch den Geist Gottes können wir die Geheimnisse Gottes verstehen. Gott hat uns in seine Pläne eingeweiht. Was das Blut Jesu mit meinem Leben zu tun hat, und wie ich als Mensch mit dem unendlich großen und mächtigen Gott in Kontakt treten kann, verstehe ich nur durch den Heiligen Geist. Alle Menschen, die vor Jesus gelebt haben, konnten die Pläne Gottes nicht erraten oder errechnen. Gott ist übernatürlich, denn er hat die Natur erschaffen. Gott steht über Raum und Zeit. Deshalb wusste er, schon bevor er die Erde schuf, dass der Mensch sich von ihm abwendet. Aber weil Gott Liebe ist, will er den Menschen nicht in der Gottesferne sterben lassen. Und er beschließt einen Rettungsplan. Diesen Plan fasst er schon bevor er die Erde geschaffen hatte. Durch unser chronologisches Zeitverständnis können wir das kaum verstehen. Für uns kommt ein Tag nach dem anderen. Woher sollen wir wissen, was Morgen ist. Aber weil Gott über der Zeit steht, kann er Probleme lösen, obwohl diese aus unserer Sicht erst in der Zukunft passieren werden (lies nochmal Vers 7). Selbst die hohen Theologen im jüdischen Rat und der damalige Hohepriester vor 2000 Jahren haben diesen Plan nicht begriffen. Wenn sie es gecheckt hätten, wäre Jesus nicht gekreuzigt worden (lies nochmal Vers 8). Auch heute hilft uns weder höhere Mathematik, noch besondere Intelligenz oder Ausbildung. Deshalb gibt es unter den Christen keine Hierarchie vor Gott – und auch keine Wertunterschiede. Der Diplom-Theologe oder Doktor der Theologie oder der Theologie-Professor sind nicht größere Kinder Gottes als irgendein einfacher Bauer, der mit Jesus lebt. Das Geheimnis Gottes wird nur durch den Heiligen Geist begriffen. Und schon im Alten Testament, Jahrhunderte vor Jesu Geburt, hat Gott es vorhergesagt (lies nochmal Vers 9). Gott hat in Jesus diese Prophetie aus dem Buch Jesaja (64,3) erfüllt. Gottes Wort ist die Wahrheit! Und hier wird auch das Ziel Gottes mit den Menschen schon ganz deutlich. Es geht um eine Liebesbeziehung zwischen Gott und Mensch. Gott hat in seiner Liebe zu uns Menschen gehandelt. Jesus hat aus Liebe zu uns die Beziehung zu Gott möglich gemacht. Er liebt uns und wir lieben ihn. Und er beschenkt uns. Er beschenkt uns mit seiner Herrlichkeit. Wie herrlich ist es bei Sonnenschein in der Natur spazieren zu gehen oder eine leckere Mahlzeit zu genießen? Im Vergleich zur Herrlichkeit Gottes ist das nur ein schwacher Abglanz. Das Geburtstagsgeschenk besteht nicht nur daraus, dass wir Vergebung unserer Schuld bekommen und mit Gott im Reinen sind. Es besteht auch darin, dass Gott uns Anteil gibt an SEINER Herrlichkeit – unglaublich (siehe Vers 7). Ich freue mich, dass Gott seine Herrlichkeit mit mir teilt. Ich freu mich über die Gemeinschaft mit dem herrlichen Gott. Ich freu mich über die Mitchristen, die auch einen Teil haben an Gottes Herrlichkeit. Wir alle sind eine so reiche Familie!

»Kein Auge hat je gesehen, kein Ohr hat je gehört, und kein Mensch konnte sich jemals auch nur vorstellen, was Gott für die bereithält, die ihn lieben.« (Vers 9)

„Vater im Himmel – ich liebe Dich!“

Herzlichst grüßt Euch,

Euer Pastor Timon Fuchs

Januar – Februar – März 2024

ALLES, WAS IHR TUT, GESCHEHE IN LIEBE

1. Korinther 16,14
„In Liebe“ – das sind zwei gute Worte! Sie gefallen mir, weil sie zu Herzen gehen. Briefe in englischer Sprache werden gelegentlich so unterschrieben: „with love“ = „in Liebe“. Ich bekam einmal einen
solchen Brief nach einem Schüleraustausch. Ich hielt es für eine Liebeserklärung und war gerührt. Später wurde mir klar, dass diese Worte so exklusiv nicht gemeint waren, eher im Sinne von „Alles
Liebe!“ oder „Liebe Grüße!“.


Es fällt auf, wie viel wir von Liebe sprechen und schreiben. Ob das Ausdruck von Sehnsucht ist? Bestimmt. Dabei haben diese fünf Buchstaben nicht immer den gleichen Inhalt, schon gar nicht die
gleiche Intensität. Als Gruß unter einer Mail sind sie nett. Als Worte unter Liebenden sind sie ein Genuss. Als Programm unter Feinden können sie die Welt verändern.


Bei einem Blick auf die Welt wird allerdings schnell klar, dass es so einfach wohl nicht ist. Der Aufruf zu mehr Liebe wirkt da leicht sentimental oder sogar naiv. Man mag es gar nicht mehr aufzählen,
was uns besorgt: Kriege, Terror, Artensterben, Klimaschutz, Fachkräftemangel und dazu all die Herausforderungen einer Welt im Wandel. Macht es da überhaupt einen Unterschied, was einzelne
Menschen so tun, und mit welcher Motivation?


Treten wir also noch mal einen Schritt zurück. Die Jahreslosung steht in einem größeren Zusammenhang, steht unter den Schlussbemerkungen des ersten Briefes an die Korinther. Vielleicht finden wir dort ein Modell, eine Gemeinde, die von Kopf bis Fuß auf Liebe eingestellt ist!


EXPLOSIVE STIMMUNG IN KORINTH

Die Stimmung in Korinth war nach allem, was wir wissen, häufig explosiv. Rund um die Gemeindegründung lief es eigentlich recht gut, sogar die Regionalverwaltung verhielt sich immerhin neutral zu diesem Start-up (nachzulesen in Apostelgeschichte 18). Und doch war Zündstoff schon
von Anfang an vorhanden. Zu unterschiedlich waren die Leute, die dort zur Gemeinde gehörten: Auf der einen Seite Menschen mit jüdischem Hintergrund, andere mit heidnischen Traditionen; wohlhabende Leute, die sich um das tägliche Leben keine Sorgen machten, aber auch viele einfache Leute, die kein großes Ansehen hatten, sogar Sklaven. Das erzeugte Sprengstoff!


Außerdem gab es Parteiungen und in diesem Zuge auch eine gewisse Heldenverehrung (1. Korinther 1,10-12), weil sich die einen auf Petrus beriefen, andere auf Apollos – sogar Paulus hatte seinen Fanklub. Untereinander standen die verschiedenen Gemeindegruppen im Dauerclinch. Das Thema der Polarisierung ist also nicht ganz neu! Auch gegen den Apostel selbst wurde offen polemisiert und seine Integrität infrage gestellt. Auf den ersten Blick ist das nicht das, was man eine
liebevolle Gemeinde nennen würde.

Trotz all dieser menschlichen und theologischen Schwierigkeiten, zu denen Paulus Stellung nehmen muss, endet sein Brief nicht frustriert oder zynisch. Im Gegenteil: Er ruft diese streitbare und anstrengende, aber auch liebenswerte und bunte, immer leicht chaotische und kämpferische Gemeinde zu Taten der Liebe auf. Und das ist nicht als unerreichbares Ideal gedacht, sondern als schlichte Aufforderung. Das finde ich ermutigend. Offensichtlich sind auch unter unvollkommenen
Umständen, quasi gegen den Trend, Wirkungen der Liebe vorstellbar.

DIE LIEBE HÄLT ALLES ZUSAMMEN

Bemerkenswert häufig spricht Paulus von „Agape“, der göttlichen Art zu lieben. Und in keiner seiner Schriften so häufig wie an die Gemeinde in Korinth. Es ist klar, woher diese Liebe kommt: aus dem Wesen Gottes. Niemand sonst liebt bedingungslos. Im Hintergrund jeder Aufforderung, zu lieben, steht ein Übermaß an liebevoller Zuwendung Gottes. Wie tief diese Liebe geht, erfahren wir am Karfreitag. Wie sie alle Grenzen sprengt, am leeren Grab. Sie bleibt für immer und hält alles
zusammen.

Diese Liebe ist stark. Sie kann es mit der Welt aufnehmen. Sie überwindet das Böse und verwandelt Tod in Leben. Sie ist das Licht am Ende des Tunnels – und auch mittendrin! Solche Liebe ist der Grund, warum die Jahreslosung 2024 ins Leben und nicht ins Poesiealbum gehört. Ohne sie könnte niemand, wirklich niemand auch nur annähernd alles in Liebe tun. Aber mit ihr werden Gemeinden in Korinth und überall zur Hoffnung für die Welt.


Tatsächlich ist Gottes Liebe auch der einzige Grund, warum Gemeinden beieinanderbleiben. Denn es gäbe sicher viele Gründe, sich zu trennen. Manchmal muss man sich bekanntermaßen regelrecht ertragen! Auch das geht nur in Liebe, wenn es aufbauend sein soll (Epheser 4,2). Gemeinden haben einen hohen Liebesbedarf, weil sie unterschiedlichste Menschen integrieren, verschiedene Meinungen aushalten, Benachteiligten Ansehen verleihen, für Schwache einstehen und selbst unter Druck nicht mit Feindschaft reagieren. Die Liebe hält alles zusammen.


Bei einem so hohen Bedarf an Liebe muss eine Gemeinde aus dem Vollen schöpfen können. Ich bin überzeugt, dass die Gegenwart des Heiligen Geistes genau so zu denken ist. Er ermöglicht das. Er wirkt ohne Unterlass auf die einzelnen Glaubenden und die Gemeinden als Ganze ein, erfüllt sie mit Ermutigung, Widerstandsfähigkeit, Hoffnung und Vertrauen, sodass sie zur Liebe fähig werden.

Diese ganzheitliche Zuwendung kannst du körperlich erfahren durch eine Umarmung oder eine Hand auf deiner Schulter. Du erfährst sie emotional durch Wertschätzung und Entlastung oder tiefe Freude. Sie fordert dich heraus durch Lehre und Erkenntnis, die dem Wort Gottes entspringen. Verstand, Wille und Gefühl werden beständig getriggert und manchmal geflutet von der Aktivität des Geistes Gottes. So hält er alles zusammen.

ALLES, WAS IHR TUT


Und dann soll es erlebbar werden. Die Jahreslosung lädt uns nicht dazu ein, über Liebe zu philosophieren, sondern sie zu tun. Und zwar durchgehend. Alles, was ich tue, soll von Liebe bestimmt sein. Wow. Wir können es ja mal durchspielen, so unwahrscheinlich es klingt. Vielleicht so: Wenn Gottes Geist mich selbst und meine Gemeinde mit Ermutigung, Vergebung, Hoffnung, Wegweisung und Vertrauen flutet, also kurzum mit Liebe, dann sind wir alle miteinander geduldig und freundlich, sind großzügig und plustern uns nicht auf. Wir bleiben höflich, suchen nicht den eigenen Vorteil, werden nicht bitter und können Böses vergeben. Wir freuen uns nicht an Ungerechtigkeit, sondern an der Wahrheit. Wir ertragen alles, hoffen bis zum Schluss und halten am Vertrauen fest.

Ich bin überzeugt, in so einem Umfeld möchte jeder gerne leben! Und vielleicht wird sich sogar hier und da ein Stückchen Welt in den wärmenden Lichtkreis einer solchen Gemeinde begeben. Wo Dinge offensichtlich aus Liebe geschehen, ist das sehr anziehend. Eine Stadt, die auf einem Berg liegt, kann eben nicht verborgen bleiben.

Ich habe überlegt, ob das wohl ein sehr anstrengendes Jahr wird unter dieser Losung. So viel Aufforderung, so viel Erwartung. Die Antwort ist für mich aber klar: Nein, im Gegenteil. Es gibt eigentlich nur Gewinner, wo Dinge aus Liebe geschehen. Selbst wenn es zeitlichen Mehraufwand
oder innere Arbeit bedeutet, führt das zu einem unvergleichlichen Reichtum. So ist gelebtes Christsein eine gute Nachricht für uns alle und die Welt.


Mit herzlichen Grüßen, Ihr


Henrik Otto | Präses des Bundes Freier evangelischer Gemeinden ab Januar 2024 | praeses.feg.de


HENRIK OTTO | ZUR PERSON
Henrik Otto wurde am 11. November 1976 in Ellwangen (Jagst) geboren. Nach seinem Studium am Theologischen Seminar Ewersbach (heute Theologische Hochschule Ewersbach) war er von 2002 bis 2013 Pastor der FeG Füssen und der FeG Schongau, von 2013 bis 2016 Pastor der FeG Siegen-Mitte. Seit 2016 ist er FeG-Bundessekretär für die Region Süd. Am 17. Juni 2023 wurde Henrik vom Bundestag des Bundes Freier evangelischer Gemeinden in Siegen-Geisweid zum Präses gewählt, das Amt tritt er im Januar 2024 an. Henrik Otto ist verheiratet mit Evelyne. Das Ehepaar hat vier Söhne und wohnt in Rieden (Allgäu).